Kalter Tag im März
Die Liebe höret nimmer auf
der Winter der fängt nie mehr an
Der Frühling kommt
das glaube ich
Dann kommt der Sommer ohne Herbst
Es gibt kein Kranksein und auch kein
Verfallen in den nächsten Krieg
das glaube ich
das hoffe ich
Die Liebe hört und
und hört uns zu
Sie hört uns zu
dann hört sie auf
Der Frühling der fängt nie mehr an
und ohne Sommer kommt der Herbst
Dann kommt der Krieg
Das fürchte ich
Erich Fried (1921-1988)
Schaurig enden diese Zeilen von Erich Fried (der im Mai sein 100. Lebensjahr vollendet hätte). Mit der Furcht enden sie. Mit dem Krieg. Ohne Liebe. Schaurig und kalt, wie uns ein kalter Märztag in die winterklammen Glieder fahren kann und uns schaudern lässt. In einer Zeit, wo wir uns nach Wärme, nach lauer Luft und einem Frühling sehnen, der ein Sommer wird und niemals aufhören möge. Wo wir genug haben von Kranksein und Krankheit und Krieg sowieso. Und in der wir doch an die Stelle der Furcht den Glauben und die Liebe und die Hoffnung setzen wollen.
Ich kann nicht anders als das Gedicht von hinten nach vorne zu lesen. Oder, am Ende angekommen, mit der ersten Strophe noch einmal zu beginnen. Eben weil ich der Rede von Paulus traue, der in seinem Korintherbrief schreibt, dass die Liebe niemals aufhört (1Kor 13). Weil ich glauben und hoffen will, dass die Liebe auf Dauer stärker ist als alle lebensfeindlichen Mächte und Viren und Gewalten. Dass der Mensch wachsen kann und nicht in Krieg und Depression verfallen muss, weil die Liebe ihn hört. Weil Gott die Liebe ist, die ihn hört und sieht und kennt. Auch dann, wenn der Mensch nicht nach ihm ruft und sich selbst nicht kennt und ansehen mag.
Ich lese die Zeilen als ein Ringen zwischen Hoffen und Bangen, in der Zwiespältigkeit der Gefühle, die Menschen auch in diesen Tagen umtreiben. Doch wir dürfen gewiss sein: Der Frühling kommt, der Ostermorgen ist auf dem Weg, durch manch kalte Märznacht hindurch. Wir gehen auf ein neues, verwandeltes Leben zu!
PS. Nächsten Freitag macht der LyrikBlog eine Pause. Am 19.3. geht es weiter.